BGH zur Kündigung bei einer Genossenschaft

Der Bundesgerichtshof hat kürzlich in zwei Entscheidungen wesentliche Grundsätze zur Kündigung bei einer Genossenschaft konkretisiert.

1. Urteil vom 16. Mai 2018
Im Urteil vom 15. Mai 2018, II ZR 2/16, hat der 2. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs klargestellt, dass Bedingungen, bei deren Eintritt die Mitgliedschaft in der Genossenschaft von selbst endet, nicht außerhalb der Satzung einzelvertraglich vereinbart werden können.

Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, bei dem eine Apothekergenossenschaft ein Blankokündigungsformular unterzeichnen ließ und zudem durch eine Leistungs- und Konditionenvereinbarung die Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen – Einstellung der Geschäftsbeziehung oder Reduzierung des Umsatzes – unterstellte.

Nach Eintritt der so definierten Bedingungen bestätigte die Genossenschaft ihrem Mitglied die Kündigung unter Eintrag des Datums, zu dem die Kündigung wirksam werden sollte, in das Blankoformular.

Der Bundesgerichtshof hat nun in seinem Urteil vom 15. Mai 2018 klargestellt, dass Bedingungen, bei deren Eintritt die Mitgliedschaft von selbst endet, nicht außerhalb der Satzung einzelvertraglich beendet werden können.

In seinem Urteil verweist der Bundesgerichtshof auf die in der Literatur umstrittene Rechtsfrage, ob Regelungen, die unter bestimmten Bedingungen eine automatische Beendigung der Mitgliedschaft vorsehen, überhaupt durch eine Satzungsregelung zulässig wären.

Diese Rechtsfrage konnte der Bundesgerichtshof in dem Streitfall offen lassen, da es vorliegend nicht um eine entsprechende Satzungsregelung, sondern um eine einzelvertragliche Vereinbarung ging. Durch letztere kann jedenfalls keine wirksame Regelung getroffen werden, die das Ausscheiden bei dem Eintritt bestimmter Bedingungen vorsieht. Da § 68 Abs. 1 Satz 1 GenG zwingend vorsieht, dass Gründe, aus denen ein Mitglied wirksam ausgeschlossen werden kann, in der Satzung bestimmt sein müssen, ist dies auch auf bedingungsgemäß eintretende Beendigungsgründe übertragbar.

Die Entscheidung enthält zudem eine wichtige Feststellung zu der ebenfalls umstrittenen Rechtsfrage, ob Auflösungsverträge bei einer Genossenschaft zulässig sind. Hierzu führ der Bundesgerichtshof als obiter dictum aus
, dass solche Verträge jedenfalls dann zulässig sind, wenn nach dem Vertrag die Mitgliedschaft erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Kündigungsfrist endet.

2. Urteil vom 26. April 2018
In einem Urteil vom 26. April 2018, IX ZR 56/17, hat der Bundesgerichtshof zu einer Kündigung der Mitgliedschaft durch den Insolvenzverwalter eines Genossenschaftsmitglieds Stellung genommen.

Besonderheit war hier, dass das Genossenschaftsmitglied in einer Wohnung der Genossenschaft wohnte und in der Satzung geregelt war, dass das Auseinandersetzungsguthaben erst ausgezahlt werden darf, wenn das Mietverhältnis des Mitglieds beendet ist. Nach Eintritt der Insolvenz des Genossenschaftsmitglieds hatte der Insolvenzverwalter die Kündigung erklärt. Die Genossenschaft hatte unter Hinweis auf die Satzungsregelung die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens verweigert, da das Mietverhältnis weiterhin bestand.

Hier hat der Bundesgerichtshof die Satzung insoweit als nicht anwendbar erachtet, als dadurch das Auseinandersetzungsguthaben der Insolvenzmasse dauerhaft oder auf unbestimmte Zeit entzogen wird.

Der Bundesgerichtshof hat eine Abwägung nach § 242 BGB vorgenommen und ist zu dem Schluss gekommen, dass das Interesse der Gläubiger an der Auffüllung der Masse im Ergebnis der Anwendbarkeit der Satzungsregelung entgegensteht. Demgegenüber bestehen laut dem Urteil keine schutzwürdigen Interessen einer Wohnungsgenossenschaft, den Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens nach Kündigung durch den Insolvenzverwalter auf Dauer auszuschließen, solange das ausgeschiedene Mitglied die Wohnung nicht räumt.

Der erste Leitzsatz des Urteils lautet:
„Eine Wohnungsgenossenschaft kann sich gegenüber dem Insolvenzverwalter, der die Mitgliedschaft des Schuldners in der Wohnungsgenossenschaft wirksam gekündigt hat, nicht auf eine Satzungsbestimmung berufen, nach der der Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens erst ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Nutzungsverhältnisses oder der Rückgabe des Nutzungsobjektes besteht, wenn dadurch eine Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens tat-sächlich ausgeschlossen wird, ohne dass dies durch schützenswerte Interessen der Genossenschaft oder des Schuldners gerechtfertigt ist.“

Der Bundesgerichtshof hat in dem Urteil klargestellt, dass in dem zu entscheidenden Fall weder das Interesse der Genossenschaft, ihre Liquidität zu erhalten, noch das Bestreben, die Wohnung nicht einem bereits ausgeschiedenen Mitglied zu der günstigen Genossenschaftsmiete zu überlassen, ausreichend schutzwürdig gegenüber dem Interesse der Gläubiger des ausgeschiedenen Mitglieds sind. Die Interessenabwägung des Bundesgerichtshofs gemäß § 242 BGB fällt hier also eindeutig zugunsten des Gläubigerschutzes aus.