Vorfälligkeitsentschädigung – BGH entlastet Darlehensnehmer

Durch zwei Urteile vom 19. Januar 2016 hat der Bundesgerichtshof (BGH) zu einer deutlichen Entlastung vieler Darlehensnehmer beigetragen, die bislang unberechtigt bzw. in unberechtigter Höhe auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Anspruch genommen wurden.

Betroffene Darlehensnehmer, deren Kredit seitens der Bank gekündigt wurde, können die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nunmehr verweigern. Wer nach der Kündigung durch die Bank bereits eine Vorfälligkeitsentschädigung geleistet hat, kann diese von der Bank zurückverlangen.

In dem Verfahren zum Az. XI ZR 103/15 hat der BGH entschieden, dass bei einer Kündigung des Darlehens durch die Bank wegen Zahlungsverzugs die Bank nicht berechtigt ist, zusätzlich zu den dann anfallenden Verzugszinsen auch noch eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen.

Die beklagte Kreissparkasse wurde auf Rückzahlung einer nach erfolgter Kündigung zu Unrecht geforderten Vorfälligkeitsentschädigung verurteilt.

Die Darlehensnehmer der beklagten Kreissparkasse waren in Zahlungsverzug geraten. Darauf hatte die Sparkasse den Kredit gekündigt und neben der Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt, die auch gezahlt wurde. Das Rückzahlungsverlangen hatte in den Vorinstanzen vor dem Landgericht und Oberlandesgericht Stuttgart keinen Erfolg. Nunmehr ist die Kreissparkasse vom BGH zur Rückzahlung verurteilt worden.

Damit wurde die lange umstrittene Rechtsfrage, ob die Bank bei einer Kündigung des Darlehens aufgrund eines Zahlungsverzugs der Darlehensnehmer zusätzlich zu dem gemäß § 497 Abs. 1 BGB anfallenden Verzugszins auch eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann, nunmehr ausdrücklich vom BGH zugunsten der Darlehensnehmer entschieden. Von den Banken wurde im Kündigungsfalle regelmäßig auch eine Vorfälligkeitsentschädigung geltend gemacht.

Bereits im Januar 2013 hatte der 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in der mündlichen Verhandlung des Verfahrens zum Az. XI ZR 512/11 darauf hingewiesen, dass bei der Kündigung eines Kredits durch die Bank nicht noch zusätzlich zu den Verzugszinsen eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werden kann. Nach diesen mündlichen Äußerungen des Senats hatte die Bank in dem dortigen Fall den Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung anerkannt. Es erging daher am 17. Januar 2013 nur ein Anerkenntnisurteil ohne Begründung.

Nunmehr hat der BGH ein begründetes Urteil erlassen, dessen Entscheidungsgründe voraussichtlich in den nächsten Wochen veröffentlicht werden.
In dem Verfahren zum Az. XI ZR 388/14 hat der BGH entschieden, dass in Fällen, in welchen die Bank grundsätzlich eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann, also bei Kündigung der Darlehensnehmer vor Ablauf der Zinsbindungsfrist, bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung die Sondertilgungsrechte der Darlehensnehmer zu berücksichtigen sind. Dies wurde seitens der Banken häufig unterlassen, weshalb hier oft eine deutliche zu hohe Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wurde.
Rechtsanwalt Ingo M. Dethloff ist als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht mit zahlreichen Fällen und mehreren Gerichtsverfahren befasst, in denen seitens der Bank unberechtigt eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt wurde.